Heute steht bei diesem Kalb mal ausnahmsweise kein Name auf der Ohrmarke, sondern eine Diagnose: Zwicke. Was bedeutet das? Dieses Kalb sieht wie ein Weibchen aus, ist aber (vielleicht) nicht zu 100 % ein Weibchen. Das was man landläufig als Zwicke bezeichnet ist ein Kalb mit Freemartinismus. Eine Zwicke kann entstehen bei Mehrlingsträchtigkeit|en, also wenn mehr als ein Kalb hinten aus der Kuh fällt. Eine weitere Bedingung dafür: das zweite Kalb ist nicht auch weiblich, sondern männlich. Dann können nämlich im Mutterkuchen Verbindungen zwischen den beiden Kälbern entstehen und das Blut munter von einem Kalb in das andere Kalb hin und her tauschen. Es entstehen Chimären (XX/XY). Erstmal nicht schlimm, aber es wandern dann auch die Hormone Testosteron und Anti-Müller (ein Hormon welches während der Entwicklung des Kalbes dafür sorgt, dass ein Männchen auch männliche Geschlechtsorgane hat. Beim weiblichen Fötus kommt es nicht vor, dann entwickeln sich weibliche Geschlechtsorgane.) vom Bullenkalb in das weibliche Kalb. Diese Hormone sorgen dann dafür, dass sich kein richtiges Weibchen entwickelt, sondern nur ein Kalb das auf den ersten Blick wie ein Weibchen aussieht. Die Geschlechtsorgane des weiblichen Kalbes sind aber unterentwickelt. Solche Zwicken sind daher in der Regel nicht fruchtbar und dementsprechend nicht als Milchkuh nutzbar, sondern nur als Mastrind.
Nicht bei allen gegengeschlechtlichen Zwillingen entstehen Zwicken, aber bei fast allen. Um es rauszufinden kann man die Scheidenlänge des Kalbes messen. Bei einem normalen neugeborenen Kuhkalb beträgt sie 12-16 cm. Bei einer neugeborenen Zwicke hingegen nur 3-7 cm. Absolute Gewissheit bringt eine Blutuntersuchung, bei genetisch wertvollen Kälbern kann sich das lohnen. Mit dem Blut wird dann eine PCR durchgeführt und nach den Geschlechtschromosomen gesucht. X findet man immer, aber nur bei Zwicken und Männchen findet man Y-Chromosomen.