Mit dem zweiten sieht man besser! Schade für die beiden Fleckvieh-Kälber die wir euch heute zeigen, denn zusammen haben die beiden nur zwei gesunde Augen. Auf einer Seite haben diese Kälber einen unnatürlich kleinen Augapfel. Bulbusreste (also Reste des Augapfels) sind vorhanden, daher spricht man bei dieser Missbildung von Mikrophthalmie. Wenn gar kein Augapfel vorhanden ist, dann heißt es Anophthalmie. Letzteres ist seltener und haben wir noch nicht gesehen. Die Kleinäugigkeit kann man anderen Missbildungen des Gesichtes gleichzeitig auftreten.
Beide Kälber sind männlich und für die Bullenmast bestimmt. Für die Zucht sollte man solche Tiere ohnehin nicht einsetzen. Die Kälber sind einseitig blind, entwickeln sich ansonsten aber vollkommen unauffällig.
Ursachen von Mikrophthalmie bei verschiedenen Tierarten
Von WIEDEMAR & DROGEMÜLLER (2014) wurde ein Gendefekt beim Holstein-Rind beschrieben, der zu Mikrophthalmie führt. Das Kalb hatte jedoch noch ein paar zusätzliche Missbildungen. Unsere Bilder zeigen zwei Fleckviehkälber ohne zusätzliche Missbildungen. Ist das Mutter-Rind mit dem BVD-Virus infiziert kann das unter anderem zu Mikrophthalmie führen. Es gibt zudem eine erworbene Kleinäugigkeit, dabei werden die Augen infolge einer anderen Erkrankung (z. B. Pink Eye, Cancer Eye) kleiner.
Beim Texelschaf gibt es einen Gendefekt, der zu beidseitig verkleinerten Augäpfeln führt, solche Tiere sind blind. Für Texelschafe gibt es daher einen Gentest, um die Verpaarung von Anlageträgern miteinander zu vermeiden. Beim Schaf wurde zudem beschrieben, dass eine Überversorgung mit Selen zu Kleinäugigkeit führen kann.
Bei Merle-Hunden tritt Mikrophthalmie häufiger auf als bei anderen Farbschlägen, unter anderem deshalb wird die Zucht von Hunden mit Merle-Faktor von verschiedenen Tierärzten als Qualzucht angesehen. Beim Schwein soll Vitamin-A-Mangel bei der Sau zu Ferkeln mit Kleinäugigkeit führen. Bei der Katze und beim Pferd wurde festgestellt, dass die Verabreichung von Grieseofulvin an tragende Kätzinnen bzw. Stuten zu Mikrophthalmie bei deren Nachkommen führen kann. Griseofulvin ist ein Schimmelpilztoxin und wird als Medikament zur Behandlung von Pilzinfektionen eingesetzt. Auch beim Kaninchen wurden Pilztoxine als Verursacher identifiziert.
Kleinäugigkeit kann viele Tiere betreffen, bekannt ist es, neben den bereits erwähnten Tierarten, unter anderem von Menschen, Mäusen, Goldhamstern, Campbell-Zwerghamstern, Wasserbüffeln, Ziegen, Wapitis, Hühnern und dem Fisch Nil-Tilapie.
Literatur
Tetens, J. (2006): Molekulargenetische Untersuchungen zur kongenitalen Mikrophthalmie des Texelschafes. – Dissertation Tierärztliche Hochschule Hannover, 175 S.